Nordwestmecklenburgs Handwerker befürchten weniger Aufträge nach Corona

Nordwestmecklenburgs Handwerker befürchten weniger Aufträge nach Corona

Die öffentliche Hand soll durch Investitionen kleine und mittlere Handwerksbetriebe vor Ort unterstützen. Auf diese Weise könnten die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abgewendet werden.
WismarDie Baubranche boomt. Doch wie lange noch. „Es weiß keiner, wie’s in einem halben Jahr aussieht“, sagt Lars Schöppener aus Triwalk. Mit seinem Baugeschäft habe er derzeit noch gut zu tun.„Aber was ist, wenn es eine zweite Corona-Welle gibt und sich die wirtschaftliche Lage weiter verschärft?“, macht sich der Unternehmer Sorgen. „Es gibt jetzt schon viele Menschen in Kurzarbeit. Sie wollen abwarten und verschieben ihre Aufträge.“

Corona-Folgen erst ab Herbst spürbar
Malermeister Matthias Schwarz aus Wismar glaubt auch, dass die Auswirkungen der Pandemie erst ab Oktober spürbar sein werden. Noch habe er Aufträge, das weiß er auch von Berufskollegen. Diese Aufträge wurden vor der Krise ausgelöst und reichen für drei Monate. „Jetzt halten die Leute ihr Geld zurück. Viele sind in Kurzarbeit oder arbeiten auf der Werft. Aufträge werden bis Mitte nächsten Jahres verschoben. Wichtig ist, dass die Politik nachher hilft und die Folgeschäden abgefangen werden.“
Kreishandwerkerschaft appelliert: Vergebt Aufträge!
Deshalb hat die Kreishandwerkerschaft Nordwestmecklenburg-Wismar den Landkreis Nordwestmecklenburg, die Städte und Gemeinden, aber auch die Bürger aufgerufen, Aufträge an das heimische Handwerk zu vergeben, um seine Existenz und die Arbeitsplätze zu sichern. Durch die Corona-Pandemie würden sich die wirtschaftlichen Folgen rasant verändern. Deshalb sei jetzt der richtige Zeitpunkt, die Initiative zu ergreifen und den Handwerksbetrieben vor Ort Aufträge zu erteilen.
Anstehende Baumaßnahmen beschleunigen
Die Investitionsbereitschaft von Industrie, Handel, Gastronomie und Privatwirtschaft werde aufgrund der Corona-Krise weiter sinken, befürchten Kreishandwerksmeister Detlef Kohrt und Geschäftsführerin Antje Lange. Sie verweisen auf den Investitionsstau in öffentlichen Einrichtungen, etwa den Neubau und/oder die Sanierung von Schulen, Sportstätten und der Verkehrsinfrastruktur. „Mit der Beschleunigung anstehender Baumaßnahmen, der Reduzierung von Genehmigungsverfahren sowie einer unbürokratischen Auftragsvergabe könnte dieser aufgelöst und damit dem Handwerk enorm geholfen werden.“Investitionen würden sich auch lohnen, weil sie nicht nur in Form von Steuereinnahmen in die öffentlichen Kassen zurückfließen, sondern weil sie vielmehr den Handwerker-Klein- und Mittelstand, deren Arbeitsplätze und Handwerker-Nachwuchs sichern.Beschränkte Ausschreibung nutzen
„Gerade jetzt sollten wir in die Zukunft investieren, um so drohende Insolvenzen von Betrieben abzuwenden“, mahnt Elektromeister Detlef Kohrt. Er appelliert mit Antje Lange in einem persönlichen Schreiben an die Landrätin sowie an die Bürgermeister: „Investitionen statt Insolvenz, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit! Wir dürfen jetzt nicht in eine fatalistische Spirale geraten. Gerade die öffentliche Hand kann mit gutem Beispiel vorangehen und Aufträge unkompliziert und schnell vergeben, in dem sie auf öffentliche Ausschreibungen verzichtet und stattdessen auf beschränkte Ausschreibungen oder freie Vergaben zurückgreift.“Appell geht auch an die Einwohner
Vor der Corona-Krise habe die öffentliche Hand häufig keine oder kaum Unternehmen gefunden, die Aufträge realisieren konnten. „Wir verfügen über ein gutes Netzwerk“, sagt Antje Lange, „und können helfen, dass beispielsweise drei kleine Firmen einen größeren Auftrag übernehmen.“ Wichtig sei, dass die Arbeit in der Region bleibe und von qualifizierten Betrieben gemacht werde.Ebenso appelliert die Kreishandwerkerschaft an die Einwohner, im Rahmen ihrer Möglichkeiten handwerkliche Produkte und Dienstleistungen nachzufragen.„Öffentliche Hand ist sicherer Auftraggeber“
Zurzeit habe er gut zu tun, sagt Thomas Bombowsky. Er betreibt in Dorf Mecklenburg einen Betrieb für Sanitär-Heizung-Klimatechnik. „Aber wer kann schon ein halbes Jahr vorausschauen und sagen, ob’s im Herbst oder Frühjahr immer noch so ist. Das Problem wird uns noch ein, zwei Jahre beschäftigen“, befürchtet der Firmenchef. Er weiß von Berufskollegen, dass einige Kunden ihre Aufträge storniert haben. „Die Mischung von öffentlichen, privaten und geschäftlichen Aufträgen ist wichtig. Man weiß nicht, wie sich beispielsweise der Eigenheimbau entwickelt. Der öffentliche Auftraggeber ist hingegen ein sicherer Auftraggeber“, sagt er. Daher würde er’s begrüßen, wenn die Kommunen mehr machen, wenn sie es sich leisten können. Irgendwann werden sie aber auch aufs Geld schauen müssen.Skeptisch äußert sich Gabriele Ploen. Bei allen sei das Geld jetzt knapp, sagt sie. Die Tischlerei Lange/Ploen in Stove baut vor allem Holzfenster. Es bleibe abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt. Noch hätte die Firma Aufträge, zwar nicht übermäßig, aber sie sei bisher über die Runden gekommen.


Quelle: https://www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Wismar/Nordwestmecklenburgs-Handwerker-befuerchten-weniger-Auftraege-nach-Corona

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